Pr. Friedland   Stadt Preußisch Friedland

Preußisch Friedland / Debrzno früher und heute

Lage

Die ehemalige kleine Landstadt Preußisch Friedland, heute Debrzno in Polen, liegt an der Südgrenze des alten deutschen westpreußischen bzw. pommerschen Kreises Schlochau auf dem hohen Ufer des Flüsschens Dobrinka, heute Debrzynka. Die Dobrinka war einige hundert Jahre der Grenzfluss zum Königreich Polen, auch als Kraina (Grenzregion) bezeichnet. Der Kreis Schlochau, heute Czluchow, liegt geografisch am Südrand des Pommerschen Höhenrückens. Die Flüsse entwässern nach Süden zur Netze und Warthe, lediglich die Brahe fließt zur Weichsel.

Geschichte

Preußisch Friedland und der Kreis Schlochau waren ehemals Ordensland, wobei in der späteren Kreisstadt Schlochau nach der Marienburg die zweitgrößte Ordensburg stand. Preußisch Friedland, im Mittelalter Fredelande, erhielt vom Hochmeister Winrich von Kniprode schon 1354 als Handfeste des Deutschen Ritterordens das Kulmer Stadtrecht und wurde teilweise mit einer Mauer, die heute in Resten noch zu sehen ist, gesichert. Auch das Wappen stammt aus dieser Zeit. Es zeigt einen schwarzen Keiler vor einem grünen Jagdnetz. Dieses Wappen wurde von den Polen nach 1945 in gleicher Form und Ausführung übernommen.

Nach dem Niedergang des Ritterordens und der Schlacht bei Tannenberg (1410) kam Friedland unter die polnische Krone. 1466 erneuerte der polnische König noch einmal die Vorrechte für Friedland aus der Ordenszeit. Nach über 300 Jahren wurde die Stadt und das Schlochauer Land 1772 preußisch und gehörte zur Provinz Westpreußen, nach dem 1. Weltkrieg Grenzmark Posen-Westpreußen und seit 1939 zu Pommern. Preußisch Friedland hatte zu deutscher Zeit knapp 4.000 Einwohner. Heute leben in Debrzno mit seinen Stadtteilen rund 10.000 Menschen.

Wirtschaft, Vereine, Schulen

Friedland war eine Ackerbürgerstadt. Daneben gab es viele Handwerker und besonders ein bedeutendes Tuchmachergewerbe. Friedländer Stoffe wurden bis nach Russland verkauft. Einmalig in Friedland war eine Fastnachtstradition, die alljährlich einen Umzug organisierte. Zuwanderer aus dem Rheinland hatten diesen Brauch in das Landstädtchen mitgebracht. Für die wirtschaftliche Entwicklung war der Bau der Ostbahn (1865) wichtig. Auch wenn es der Stadt nicht gelang, für Friedland einen Bahnanschluss zu bekommen. Der Bahnhof für die Kleinstadt war 5 km entfernt Linde (heute Lipka) im Nachbarkreis Flatow.

In Preußisch Friedland gab es zu deutscher Zeit eine katholische und eine evangelische Kirche, letztere stand auf dem Marktplatz und war im Jahre 1700 errichtet worden. Erst nach Kriegsende 1945 ist sie zerstört worden. Eine Schule ist schon in alten Chroniken seit dem 14. Jahrhundert erwähnt. Ausführliche Angaben gibt es aber erst aus preußischer Zeit. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand ein Lehrerseminar und eine dazugehörige Präparandenanstalt, die später in eine Realschule und ein Progymnasium umgewandelt wurde. Nach Auflösung des Lehrerseminars 1924 gab es ein humanistisches Vollgymnasium und eine Aufbauschule für Mädchen. Daneben existierte natürlich auch eine Volksschule.

Vereine förderten das gesellschaftliche und kulturelle Leben der ländlichen Kleinstadt Preußisch Friedland: So gab es zwei Sportvereine, zwei Schützengilden, Wandervogel' und Volkstanzgruppen, einen Kriegervein und einen Frauenverein.

Preußisch Friedland / Debrzno nach dem 2. Weltkrieg

Im Januar/Februar 1945 wurde Ostdeutschland von der Roten Armee überrollt. Die Stadt wechselte zweimal den Besitzer. Dabei wurde rund die Hälfte der Gebäude zerstört bzw. beschädigt. Die Einwohner flohen Hals über Kopf auf abenteuerliche Weise unter Zurücklassung von Hab und Gut auf eigene Faust nach Westen.

Die Besiedlung durch Polen, besiegelt durch das Potsdamer Abkommen, erfolgte schleppend. Viele Neubürger zogen aus verschiedenen Teilen Polens zu. Die nicht zerstörten Häuser und Höfe wurden zuerst besetzt, so dass eine Mischung aus Polen und Ukrainern die Zuwanderung ausmachte. Das ist heute noch an den Namen zu erkennen.

Der Wiederaufbau der Stadt vollzog sich langsam. Viele polnische Neubürger waren sich nicht sicher, ob die Oder-Neiße-Gebiete - ohne Friedensvertrag - bei Polen bleiben würden. Heute geht es den Einwohnern von Debrzno mit den dazugehörigen Stadtteilen den Umständen entsprechend besser. Nach dem Beitritt zur EU wurden auch durch deren Zuschüsse die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung sowie Straßen und auch der ehemalige Marktplatz modernisiert. Durch den in der Nähe gelegenen damaligen Flugplatz (bis zur politischen Wende 1989/90) wurde die Stadt durch viele Neubauten für das Militär einwohnermäßig größer als zu deutscher Zeit.

Debrzno hat seit 1992 freundschaftliche Beziehungen zu der Großgemeinde Weinbach in Hessen, die durch einen Partnerschaftsvertrag besiegelt sind. Nach einer Schulfreundschaft mit der Karl-Schapper-Schule in Weinbach, die durch den ehemaligen Schüler des Gymnasiums in Friedland und heutigen Rektor a.D. der Weinbacher Schule initiiert wurde, trägt diese Gemeindepartnerschaft reichliche Früchte auf dem Weg zu einem geeinten Europa und im Sinne der Völkerverständigung und gutnachbarlicher Beziehungen.

Verfasser: Heinz Molkenthin, Bergstr. 36, 65606 Villmar-Seelbach, im Apr. 2011

 

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Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874 - 1945.
Rolf Jehke, Herdecke 2003

In alten Ansichten in zeno.org
Kgl. Progymnasium 1908
Ev. Präparandenanstalt 1909
Marktplatz mit Pfarrhaus und Kirche 1909

debrzno.pl
Offizielle Website der heutigen polnischen Stadt- und Landgemeinde Debrzno
Zur Geschichte von Debrzno / Pr. Friedland
Zur Partnergemeinde Weinbach s. Heutige Partnerschaften

gemeinde-weinbach.de
Offizielle Website der Gemeinde Weinbach 
s. a. Heutige Partnerschaften

Pr. Friedland von 1354 bis 1904
zur Feier des 550jähr. Bestehens der Stadt Pr. Friedland
sowie des 350jähr. Bestehens der evangelischen Kirchengemeinde
Alexander Barkowski, 1904, digitalisiertes Buch

Hexerei zu Konitz
Mit einem kurzen Absatz über eine Hexe in Pr. Friedland im Jahre 1661, die Troiksche genannt. -- Aus: Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 593-594. Online bei zeno.org.

Konitzer, Paul Ignatz, Dr. med.
geb. 01.02.1894 in Preußisch Friedland,
gest. 22.04.1947 Dresden (Suizid im sowjetischen Militärgefängnis),
Arzt, Gesundheitspolitiker, Stadtmedizinalrat.
Biografie Online bei der Uni Magdeburg

Das Russengrab bei Zeithain
DER SPIEGEL 9/1947
Artikel über Dr. Paul Konitzer, *1894 in Pr. Friedland, aus dem Spiegel-Archiv.